„Wie aus einem Niemand ein Jemand wird“

Interview mit Matthias Schweighöfer

Wenn Matthias Schweighöfer produziert und schauspielert, wird ein Kinofilm zum Kassenschlager. „Der Nanny“ startete Ende März und übernahm gleich Platz  eins der deutschen Kinocharts. Es ist sein vierter Film, bei dem Schweighöfer erfolgreich vor und hinter der Kamera steht, Regie hat er auch geführt. Neu ist, dass der 34-Jährige in seiner jüngsten Eigenproduktion den fiesen Part übernimmt und einen skrupellosen Immobilienhändler und alleinerziehenden Vater spielt, der sich nicht um seine Kinder kümmert. Stattdessen heuert er Personal an, das hoffnungslos an den frechen Gören scheitert – bis der Nanny aufkreuzt, einer, wie ihn Kinder sich nur wünschen können, weil er sich für sie interessiert und das Herz auf dem rechten Fleck hat ... Wir sprachen mit Matthias Schweighöfer am Ende der Dreharbeiten zu „Der Nanny“.

Sie spielen in Ihrer vierten Kinokomödie zur Abwechslung mal den Fiesling. Warum?

Ich hatte einfach Lust, mal so einen fiesen Geschäftemacher zu spielen. Es stand auch von Anfang an fest, dass nicht ich die Hauptrolle spielen werde, sondern Milan Peschel als Rolf Horst. Er ist der Nanny.

Der er unfreiwillig wird ...

Ja, er ist ein Typ, bei dem alles schief läuft. Und als er schließlich alles verliert, beschließt er, sich zu rächen.

Was sagt uns die Figur?

Wenn man im Leben etwas erreichen will, dann muss man darum kämpfen. Es geht ja in diesem Märchen darum, wie aus einem Niemand ein Jemand wird. Und die Moral von der Geschichte ist, dass man nach jeder Niederlage es auch schaffen kann, wieder aufzustehen, solange man genügend Kraft und Mut dafür aufbringt. Und in dem Fall gelingt es ihm, dass sich alles in dieser verrückten Familie ändert.  Es gelingt ihm, die Kinder zu überzeugen und mich zu stürzen.

Clemens, den Sie spielen, hat keine Zeit für seine Kinder. Gibt es Parallelen zu Ihrem Leben?

Auf keinen Fall. Auch wenn nie wirklich genug Zeit für die Kinder da ist, wie ich es vielleicht gerne hätte. Aber Parallelen zum Filmvater würde ich für mich nicht ziehen.

Was gefiel Ihnen an der Rolle des fiesen Kapitalisten?

Ich finde ihn amüsant in seiner überzogenen Art. Er ist auch nicht richtig fies, nur leicht cholerisch.

v.l.n.r.: Milan Peschel, Matthias Schweighöfer, Arved Friese, Willi Geike, Dan Maag, Paula Hartmann, Torsten Künstler, Bernhard Jasper

Sie haben es als Produzent, Schauspieler und Regisseur an die Spitze des deutschen Films geschafft. Was kommt als Nächstes?

Ich hoffe, dass es mir gelingt, meine Produktionsfirma auch international zu etablieren. Das wünsche ich mir.

Welche Stoffe würden Sie gern verfilmen?

Ich bin überhaupt nicht festgelegt und für jedes Genre offen. Angefangen vom Independent Film à la Jim Jarmusch bis hin zu großen Marvel-Comics.

Stört Sie die Kritik, dass Sie in Ihren Filmen oft Klischees bedienen?

Nein, das stört mich nicht. Ich finde Klischees gut und ich finde es gut, sie zu bedienen.

Wann trifft Sie Kritik?

Wenn sie nur noch subjektiv ist und einer nur drauf drischt, dann ist das einfach ärgerlich. Aber es gibt ja auch gute negative Kritiken, die konstruktiv für mich sind und mir neue Sichtweisen zeigen, aus denen ich etwas lernen kann.

Sie arbeiten viel mit Freunden und Familienmitgliedern zusammen. Zum Beispiel wie eben mit Milan Peschel, ein langjähriger Freund und Patenonkel Ihrer Tochter. Wie gut klappt das, Berufliches und Privates zu verbinden?

Sehr gut. Die Kommunikationswege sind kürzer und das Verständnis füreinander ist da. Das spart viel Zeit. Es ist wie ein nettes Familientreffen, wir haben alle riesig Spaß. Und nach so vielen Jahren des gemeinsamen Arbeitens ist man auch entsprechend trainiert.

Wie war es, mit Kindern zu drehen?

Es war eine tolle Erfahrung. Sie haben großartig gespielt.

Winnie (Paula Hartmann) ist der Schrecken jedes Kindermädchens

Was waren Sie für ein Kind?

Auf jeden Fall kein fieses.

Sie sind in einer Schauspieler-Familie aufgewachsen. Wann war Ihnen klar, selbst auch einer zu werden?

Schon sehr früh. Es gab nichts anderes für mich,  es war klar, dass ich Schauspieler werde.

Leben Sie nun mehr in Berlin oder mit Ihren Kindern und Ihrer Lebensgefährtin in Brandenburg auf Ihrem Vierseitenhof, wie oft in der Presse zu lesen ist?

Ich weiß gar nicht warum. Das wird immer völlig übertrieben dargestellt. Wir wohnen in Berlin. Und der berühmte Rückzug aufs Land findet ab und zu  in der Freizeit statt. Ich lebe gern in Berlin. Auch mit Kindern. Ich bin der Meinung, dass Kinder sowieso überall hingehören.

Haben Sie Lieblingsplätze in der Stadt?

Ich mag die Gegend um die Museumsinsel und den Monbijoupark sehr.

Sie machen in Ihrem Film auch Gentrifizierung zum Thema.

Es war mir wichtig, das Gefälle zu zeigen zwischen einem, der kurz vor der Obdachlosigkeit steht und jemandem, der in einem Schloss lebt. Mit dem Film wollte ich den sogenannten kleinen Mann auf den Podest stellen. Er ist der Held in der Geschichte.

Sie ist im Abspann Ihren Kindern gewidmet. Mit welcher Botschaft?

Dass man immer mutig sein soll und darum kämpft, wenn man etwas will. Das ist die Moral.

Was kommt als Nächstes?

„Der geilste Tag“. Ein Film von und mit Florian David Fitz, der auch Regie führt. Darin geht es um zwei junge Männer, die sich im Hospiz kennenlernen und beschließen, sich gemeinsam zu erschießen.

Danke für das Gespräch.

Ina Hegenberger

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